generic remix

Generic Remix, studio3
published in „Der soziographische Blick“von Dr. Stefan Bidner 2006.

participants:
Sabine Kopp
Johannes Kurzemann
Nilgün Kuscu
Andreas Lidicky
Daniel Luckeneder
Nadia Moroder
Julia Müller
Julia Müller
Ute Niedermayr
Martin Oberhammer
Simon Oberhammer
Christian Obrist
Peter Orthmann
Ronnie Parsons
Andrea
Andrea Penz
Benedikt Pfeifer
Gunnar Ploner
Julia Pfretschner
Jürgen Postai
Renate Prader
Magdalena Rauch
Annelies Ritsch
Annelies Ritsch
Catharina Rott
Matthias Rümmele
Mario Scheidbach
Andreas Schirmer
Thomas Schweighofer
Barbara Schädler
Martin Seidner
Martin Seidner
Andreas Spiss
Kurt Spornberger
Claudia Stenico
Andreas Stotz
Verena Streng
Martina Terzer
Daniel
Daniel Traxl
Michael Treichl
Sylvia Verdorfer
Sabine Vorfeleder
Barbara Waldboth
Philipp Westreicher
Katharina Wilhelm

Ausstellungsvorbereitung:
Barbara Hinzinger
Volker Miklautz
Elisabeth Überall
Sabine Vorfeleder

Rauminstallation&Plakate:
Daniel Hunger
Veronika König
Volker Miklautz
Stephan Sorko
Claudia Stenico
Sabine Vorfeleder

Director Files:
“Morphing Artigas”
Sylvia Bauer
Mariella Jilek
Julia Müller
Katharina Wilhelm
“Villanova Artigas”
Instituto Tomi Ohtake

Workshop für Experimentelle Architektur
Leitung: Alexander Beck, Volker Miklautz

Diskussion:
Kathrin Aste
Alexander Beck
Stefan Bidner
Clemens Bortolotti
Bettina Brunner
Volker Giencke
Monika Gogl
Monika Gogl
Niki Granbacher
Reinhard Honold
Jens Kastner
Frank Ludin
Peter Machné
Volker Miklautz
Walter Prenner
Manfred Sandner
Maria Schneider
Uschi Schwarzl
Karin Tschavgova
Ute Woltron

über den Dekonstruktivismus zum Individualstrukturalismus
V. Miklautz

Der Individualstrukturalismus läßt sich genau so leicht oder schwer fassen, wie der ihm vorangegangene und begleitende Poststrukturalismus der wiederum als Kritik zum Strukturalismus entstanden ist.
Verschiedene Philosophen bezeichnen die Linguistik als Ursprung des Strukturalismus. Sowohl Saussure, als  auch die Moskauer Schule und der Prager Linguistenkreis (gegründet 1929) haben den modernen Strukturbegriff geprägt.

 ’Struktur‹ stammt aus dem lateinischen Verb ›struere‹ und bedeutet aufbauen, ordnen. Diese Semantik ist von unmittelbarer historischer Relevanz, meint Johanna Bossinade, denn auf der Idee geordneter Beziehungen fußt das analytische Denken, das zwischen 1930 und 1960 in der Sprach-und Literaturwissenschaft, der Ethnologie und der Psychologie in Europa, Rußland und Amerika zur Blüte kam. Sein Name ist ›Strukturalismus‹.

Diese Art des analytischen Denkens, vorallem in der Philosphie hat viele Architekten und Architekturströmungen nach dem zweiten Weltkrieg beeinflußt, obwohl oder gerade weil der Strukturalismus völlig antihumanistisch ist. Die Auswirkungen dieser Geisteshaltung haben wir lange zu spüren bekommen, und sie ist in der Architektur, in der Politik, in der Gesellschaft und in der Kunst, unter dem Deckmantel des Funktionalismus und der Ökonomie noch immer vorherrschend. Gilles Deleuze beschreibt das Manifest des Strukturalismus mit jener berühmten, überaus poetischen und theatralischen Formel: Denken heißt Würfel ausspielen. Der Strukturalismus ist von einem neuen Materialismus, einem neuen Atheismus, einem neuen Antihumanismus nicht zu trennen.

 Im Gegensatz dazu, ist der Individualstrukturalismus nicht vom Humanismus zu trennen. Das Wort ›Individual‹ kommt aus dem Lateinischen und bezeichnet das Einzigartige, das Besondere. Der ›Individualismus‹ ist eine Auffassung die das Einzelwesen, den Einzelmenschen hervorhebt. Die Individualstruktur bedeutet in diesem Zusammenhang eine Ordnung die aus einer speziellen Konfiguration hervorgeht, nicht unbedingt dem Zufall unterworfen, jedoch den Mitteln des Raumes und der Zeit, an einem bestimmten Ort, durch den Einfluß eines oder mehrerer Individuen. Insofern ist sie doppelt individuell, die Individualität des Kontextes und die des Akteurs (der Akteure).

Weiters impliziert der Individualstrukturalismus immer die Möglichkeit eines Bildes, einer Vision, hervorgerufen durch die Interaktion im Raum, welcher nicht immer Real sein muß, sondern auch eine Abbildung desselben sein kann. Daß heißt, das Wesen des I-strukt ist das Verlassen der sprachlichen Ebene, um auf anderen Ebenen Verknüpfungen herstellen zu können. Der I-strukt erlaubt, beziehungsweise verlangt die Superposition des Individuums.

Dies könnte genau so gut die Stellung des Philosophen heute beschreiben, dessen Aufgabe es zwar ist, den Kontext linguistisch zu erfassen, die Wahrnehmung desselben, muß jedoch auf vielen anderen Ebenen erfolgen – Bild, Film, Ereignis, Aktion, Plastik, auf dem Sektor der Kunst, sowie Intuition, Emotion, Instinkt, Unterbewusstsein auf der Ebene der genetischen Erfahrung.

Der Strukturalismus, der Poststrukturalismus, und darüberhinaus die Philosophie, die Architektur und die Politik kämpfen permanent mit der Problematik des Aktuellen. Immer wieder hineingestoßen in aktuelle Prozesse, arbeiten sie alle durchwegs mit der Nachbetrachtung, mit der Beurteilung im Nachhinein und mit dem Zusammenfügen von Puzzlesteinen eines vergangenen Ereignisses. Auf dieser Basis ist es schwer möglich Prognosen zu erstellen, da zum Zeitpunkt der Vollendung des Puzzles, sich das Ereignis schon wieder verändert hat.

Aus diesem Grund agiert der Individualstrukturalismus  (I-strukt) aus der Zukunft heraus indem er das Ereignis vorverlegt. Der I-strukt arbeitet nicht nur mit der analytischen Betrachtungsweise von Zuständen und Ereignissen im Laborversuch (statistische Daten, bekannte Einflußfaktoren, mathematische Prognosen) um ein zukünftiges Ereignis zu orten, sondern provoziert und plaziert, durch einen reaktiven, kulminierenden Prozeß, über den Realraum hinausgehend, ein Ereignis in der Zukunft von welchem aus er das Jetzt interpretiert, erkennen und steuern kann. Das Wie ist abhängig vom jeweiligen Ereignis selbst.

Um weiter nach vor greifen zu können gehe ich noch einmal zurück in der Geschichte und zum Bruch in der Moderne durch den Faschismus. Die Moderne hat sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt. Evoziert durch das Ende der Feudalherrschaft und durch den Versuch ein demokratisches Europa zu konstituieren- forciert durch die neuen Medien, Radio und Film und durch die Errungenschaften einer mobilen Gesellschaft als Folge des 1. Weltkrieges (das Auto, das Flugzeug, die Elektrizität und die Ölindustrie) zeigt die Moderne in vielen Bereichen der Kunst die gesellschaftlichen Veränderungen.

Neue Anforderungen wurden an die Gesellschaft gestellt, es entsteht eine Aufbruchstimmung auf allen Gebieten, der Wirtschaft, der Kunst, der Architektur und der Politik. Mit dem ersten Weltkrieg endet auch ein Großteil der Feudalsysteme, die von jungen, jedoch instabilen Republiken abgelöst werden.

In der Zwischenkriegszeit entstehen große Spannungsfelder zwischen der expandierenden Wirtschaft und der arbeitenden, schlechtverdienenden bzw. arbeitslosen Masse. Von der Veränderung der politischen Systeme erwarteten sich viele ein Ende der sozialen Ungerechtigkeit. Die Entwicklung des Radios und des Filmes verändern die Medienlandschaft und die Gesellschaft radikal. Die Dichte der Ereignisse bestimmt das Handeln des Einzelnen, beziehungsweise bringt das Handeln des Einzelnen zum erliegen.

Der Einzelne wird durch die Ereignisse permanent überfordert und reagiert großteils nur noch als Masse. In der Folge wird sowohl das Ereignis als auch die Masse zusehends manipuliert. Während in der Kunst, in der Literatur, in der Architektur die Moderne ihren Höhepunkt erreicht, geschieht in der Politik das Gegenteil. Das Individuum verschwindet, da es durch die gesellschaftlichen Umwälzungen gänzlich überfordert ist, und die eigene, nicht mehr vorhandene Identität wird durch eine andere, eine „große Identität“ ersetzt. Der Übermensch, „der Führer“ ist gebohren und hat sich zur Aufgabe gemacht, solange nicht zu ruhen, bis auch das letzte andersgeartete Individuum vernichtet ist.

Der Faschismus und der Strukturalismus treffen sich nun hier im selben Zeit-Raumkontinuum, wobei der Faschismus sich oberflächlich der Erkenntnisse der Moderne und des Strukturalismus bedient, um die desorientierte und extrem verunsicherte Gesellschaft zu manipulieren.

Diese Erkenntnisse der Neuordnung haben die Faschisten kontraproduktiv und populistisch eingesetzt um die Ideale der jungen Demokratien zu zerstören, da es viel leichter war Kritik dem Unbekannten, den Unerfahrenen gegenüber zu äußern, und bekannte Übeltäter zu finden, als sich am Aufbau einer neuen humanistischen Weltordnung zu beteiligen.

An dieser Stelle sehe ich die Frage aufkommen: Ist der Antihumanismus in der Architektur durch den Faschismus entstanden? Und wie gestaltete sich dieser Übergang? Der Faschismus hat sich im Hintergrund sowohl der Errungenschaften der Moderne als auch des Strukturalismus bedient. Jedoch wurden die Erkenntnisse der Moderne dazu mißbraucht, den Einzelnen zu kontrollieren, zu manipulieren und zu entpersonifizieren.

Die Errungenschaften der Architektur, und das damit verbundene Wissen um die Macht des Raumes, dessen Atmosphären beeindrucken, verführen, kontrollieren und vernichten können, wurden zu eben diesem Zweck mißbraucht.

Die Inhalte der modernen Malerei (nicht sie selbst), die einen hohen, sehr plakativen Abstraktionsgrad erreichte, wurde ebenso für die Propaganda mißbraucht, wie die Plastik und der Film. Die Literatur der Moderne wurde ausgelöscht, und deren Vertreter wurden vertrieben, mißhandelt, vernichtet. Auch hier wurde lediglich die Methodik angewandt um jedoch das Gegenteil zu erzeugen.

Nach dem Fall des Faschismus, waren die Spuren der Vernichtung der Moderne nur allzu deutlich. Das Nazi-Regime hatte das Ereignis, den Raum und den Menschen mißbraucht und vergewaltigt. „Vergewaltigung“ führt immer zu einem Tabu. Durch die Vergewaltigung der Gesellschaft entstand ein Trauma, welches in der Folge die Gesellschaft ganz Mitteleuropa ergreifen sollte. Alle Ereignisse in dieser Zeit wurden negiert, totgeschwiegen und verleugnet. Vor Allem in den 50er Jahren, in der Zeit des Wiederaufbaues, bis in die 60er hinein war es so.

Die Folge  war, das zwar alle modernen Bewegungen ihre Tätigkeit wieder aufnahmen, jedoch durch den „Mantel des Schweigens“ in Form von naiver Euphorie, der über die Zeit des Nationalsozialismus gebreitet wurde, wiederum eine andere Richtung erfuhr.

Geschichtlicher Exkurs:
Die 50er Jahre sind weltweit geprägt durch eine extreme Amerikanisierung und dem Wiederaufbau. In Europa wird das Selbstwertgefühl ausgedrückt durch eine starke Betonung des Formalen und des Designs. Auf der anderen Seite zeigt sich der Funktionalismus – von seiner besten Seite. Der Wiederaufbau hat zur Folge, das sich die Ziele der Moderne auf das Bauen reduzieren, auf die Schaffung von Notunterkünften und dies schlägt sich in der Ba(un)kultur bis heute nieder.
In der Dritten Welt verlieren die Kolonialherren fortwährend an Macht und hinterlassen destabilisierte,  wirtschaftlich und kulturell zerstörte Länder und Regionen. Durch willkürliche Grenzführungen setzt sich in diesen Gebieten ein 3. Weltkrieg, der lediglich die 1. Welt verschont bis heute fort.
Die Explosion der Großstädte, hervorgerufen durch den expandierenden Wirtschaftsanarchismus, besser bekannt als freie Marktwirtschaft setzt sich bis heute fort.

„Das Trauma des Faschismus“
Durch den Missbrauch des Menschen und des Raumes (des gebauten, architektonisch-inszenierten Raumes) in der Nazi-Zeit kommt es in den Nachkriegsjahren zu einer totalen Verdrängung der Ereignisse dieser Zeit, in ihren Symptomen gleichzusetzen einer Vergewaltigung, in diesem Fall – der Vergewaltigung einer ganzen Gesellschaft.
Der Aktionismus, der mit dieser Situation gänzlich unzufrieden ist, trachtet danach diese Pseudo-Demokratien weiter anzuprangern und aufzuzeigen, dass die „alten Machthaber“ (Nachfolger der faschistischen Systeme) noch immer mitmischen.
„Wir sind die, vor denen uns unsere Eltern gewarnt haben“ wird zum Schlagwort des Aufstandes gegen das Machtestablishment. Der Aktionismus als die österreichische Form des „Happenings“ erklärt die Kunst als öffentlichen Akt, Kunst passiert auf der Straße. (Bernhard, Mühl, Export, Weibel, Nitsch, Attersee……)

Die 60er Jahre sind geprägt von weltweiten Studentenrevolten welche die Ziele der Moderne einfordern, die Freiheit des Individuums, die Gleichstellung aller Menschen und Wege zur Selbstfindung beschreitet. Die Hauptakteure demonstrieren gegen das „Establishment“ und gegen den Krieg im Vietnam. In den 60er Jahren entsteht in San Francisco die Hippiebewegung, die die ganze Welt erfasst. „make love not war“ prägt eine ganze Generation.

Die Postmoderne Gesellschaft:
Da die Träger der Ideen der Moderne zerstreut, verstorben, Opfer des Holocaust wurden, bzw. Einzelkämpfer im kommunikationsgestörten Raum sind, entwickelt sich die Postmoderne aus den Bruchstücken der Moderne und stellt sich auch als solche dar.

Der Dekonstruktivismus stellt die radikale Ablehnung der endlos überfrachteten und inhaltslos gewordenen Gesellschaft und deren Architektur dar. Die Seelenverwandtschaft mit dem Dadaismus (Collage als Ausdrucksmittel, Sinnlosgedichte) ist offenkundig. Der Dekonstruktivismus wird zum Wegbereiter für den Individualstrukturalismus. Er ermöglicht die Neuordnung in vielen gesellschaftlichen Bereichen, vor allem in der Architektur. Die heutige, individualstrukturalistische Architektur gibt sich kontextuell und subjektiv – sie ist zukunftsorientiert und von kollektiven Stilen unbeeindruckt. Der I-strukt fördert mehr denn je den individuellen Stil, der sich auf die gesellschaftlichen, ökologischen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen und die Bedürfnisse der Bauherren in einer individualstrukturalistischen Gesellschaft einstellt. Der I-strukt arbeitet einerseits mit dem Medium der Prognose über analytische Daten als auch mit den Mitteln der Kunst. Wobei Kunst in diesem Zusammenhang eine permanente Reaktion auf die sich täglich verändernde Realität bedeutet.

Dadurch ist Kunst ein Instrument zur Bestimmung des Jetzt, zur Bewusstwerdung des Jetzt und dadurch ein Instrument zur Sichtbarmachung der Möglichkeiten des Morgen. Kunst ist als Gesellschaftswissenschaft zu sehen und heute mehr denn je ein Medium zur Visualisierung gesellschaftlicher und technologischer Veränderungen.

Der I-strukt hat seine Wurzeln sowohl im Dadaismus (Jandl, Hans Arp), als auch im Surrealismus, im Situationismus und in den Ideen der Moderne. *Der Surrealismus stellt eine von der Tiefenpsychologie angeregte, von G. Apollinaire 1917 so benannte und in den «Surrealistischen Manifesten» (1924 und 1930) von A. Breton programmatisch ausformulierte Richtung der modernen Literatur und bildenden Kunst. Der Surrealismus erstrebt die Ausschaltung der Logik und der rational arbeitenden Psychologie, die Vertauschung und Auflösung der normalen Dimensionen, das freie, schöpferische Spiel als assoziierendes Mittel, die Freilegung und Nutzung der Kräfte des Unbewussten und die Hinwendung zur Traum-, Symbol-, Märchen- und Mythenwelt.*www.wissen.de

Für das individualstrukturalistische Denken ist es erforderlich sich des rational antrainierten Wissens zu entledigen, da dieses nur ein kleines Spektrum der geistigen Fähigkeiten des Menschen erfüllt und den Aktionsradius auf das Erlernte einschränkt. Damit man seinen eigenen Aktionsradius ausweitet ist es notwendig, sich dem Instinkt und dem Unterbewusstsein hinzugeben. Dieses „evolutionäre Wissen“ ermöglicht uns vernetzt zu denken und neue Bezüge herzustellen, die das „Überleben“ des Individuums Mensch sichert.
Das Unterbewusstsein stellt im übertragenen Sinn unsere Festplatte dar und der Traum ist ein Mittel zur analytischen Betrachtung von Problemstellungen auf mehreren Ebenen (Layer). Somit ist das Unterbewusstsein und damit auch der Instinkt ein wesentlicher Bestandteil unseres Denken und Handelns. Die Surrealität des Traumes erschafft neue Möglichkeiten, Denkansätze und Bezüge für eine sich ständig wandelnde Realität.

Der I-strukt beinhaltet die Fortsetzung der Ideen der Moderne, der Demokratisierung und der Individualisierung. Die Organik, vorallem die organische Architektur – als eine Strömung der Moderne – ist eine wichtige Grundlage für eine individualstrukturalistische Gesellschaft. Hugo Häring und Hans Scharoun sind Wegbereiter , Friedrich Kiesler ist ein Individualstrukturalist der ersten Stunde. Scharoun bezeichnet den Entwurf als genetischen Prozess. Die „Form“ eines Gebäudes entsteht aus gesellschaftlichem Handeln und einer kulturellen Entwicklung.

Doch genauso ist sie geprägt vom Instinkt und vom Unterbewußtsein. Die „Wunde“, die der Gesellschaft im 20. Jahrhundert durch den Faschismus zugefügt wurde kann so bald nicht mehr geschlossen werden. Der Mensch wird erst langsam wieder bereit sein für das Experiment des Raumes, des emotionalen Raumes, des individuellen Raumes, der organisch organisiert ist und auf die besondere Situation des Ortes reagiert – bzw. daraus entwickelt wird.

Die Rückkehr der Moderne:
Das heißt, wir setzen wieder da an, wo die Moderne in den 30ern gezwungen war aufzugeben, zu fliehen. Gleichzeitig sind wir wieder in einer ähnlichen Situation wie damals: Wieder gibt es einen extremen Rechtsruck in der Politik, einen neu aufkommenden Faschismus der sich die Tarnkappe des Liberalismus aufgesetzt hat und weltweit agiert.
Durch die Beschleunigung der Information via Internet, kommt es wie zur Zeit der „rasenden Reporter“ zu einem Zusammenprall unterschiedlicher Gesellschaftssysteme und Religionen, die Fanatismus, Fundamentalismus und Terrorismus nach sich ziehen. Die Information und die Streuung der Information bezogen auf die Zeit entwickelt sich exponentiell, dass heißt es kommt zu einem Informationsfluss der sich gegen „unendlich“ steigert, wodurch die Inhalte, wie bei einer iterativen Gleichung (Mathematik, Mandelbrot-Menge,), einer permanenten Verschiebung unterzogen sind und auf lange Sicht der Realitätsgehalt gegen Null geht. Der Kollaps der Mediengesellschaft zeichnet sich durch das exponentielle Ansteigen der Information ab. Die Mediengesellschaft ist nur noch Werkzeug der Wirtschaftsanarchie, welche die Ressourcen der Welt in einem rasanten Tempo verbraucht.
Im Gegensatz dazu entsteht durch die weltweite Vernetzung ein globaler individualsoziologischer Prozess. Es entwickelt sich eine Gesellschaft ohne dem Diktat der Politik und der Medien, wodurch eine grenzenlose Gesellschaft der Vielfalt und Eigenverantwortung entsteht. Verantwortung der eigenen Zukunft und kommenden Generationen gegenüber.
Für die Architektur bedeutet dies eine verstärkte Zunahme individueller und kontextueller Strukturen , die einer Architektur der Masse und Macht gegenüberstehen. Dadurch leben wieder die Ideen der Moderne auf, ohne diese plakativ nachzuahmen – aus einem evolutionären Lernprozess heraus, hervorgerufen durch die Konstituierung der Demokratien über ein Jahrhundert hinweg.
Die Demokratie ist über die Idee hinausgewachsen und integraler Bestandteil unseres Denkens und Handelns geworden. Das Individuum greift aus. Die Politik hinkt nach. Die Architektur geht vor.
Gerade deshalb gilt es die Räume zu installieren, zu bauen die dem Individuum mehr bieten als eine beheizte Zelle in einer Mittelgangwohnung die im Grundriss einem Bauernhaus nicht unähnlich ist. Das Leben ist reduziert auf Überleben und die Überlebensstrategie ist der Konsum. Wir Architekten und die Gesellschaft haben jedoch die Aufgabe dem Individuum Freiräume zu schenken die sein Dasein überhöhen. Freiräume die Motivation zum Denken, Lernen, Leben und Arbeiten auslösen und den Menschen zu einem kreativen, kommunikativen und sozialen Bewusstsein verhelfen. Das heißt, wir müssen die Atmosphären schaffen die das fördern. Das bedeutet für den Architekten(in), dass er (sie) in erster Linie Humanist ist und das die Grundlage jeden Entwurfes der Mensch ist, der diesen benutzt. Der Mensch ist das Maß aller Dinge gilt im Besonderen für die Architektur.
Es gilt einerseits eine Bild der globalen und lokalen gesellschaftlichen Entwicklungen erörtern und andererseits eine Prognose zukünftiger Entwicklungen und Tendenzen erstellen. Vor Allem – welche Bedeutung haben diese Entwicklungen für die Menschheit, für die Architektur und für den Städtebau ?

 

 


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